Zwischen Fremdbestimmung und freiem Willen

„Ohne Lineal kann man das Krumme nicht gerade ziehen“
Seneca

Eine abstraktere Form des Vorbilds ist das Leitbild. Es inspiriert und lenkt uns auf unserem Lebensweg. Leitbilder oder Glaubenssätze sind die Muster und Strukturen, die unaufhörlich unser Leben prägen. Sie formen unsere Haltung zum Leben, beeinflussen unsere Gedanken und manifestieren sich letztendlich in unseren Handlungen. Doch woher stammen diese Konditionierungen? Ein Teil davon wird aus unseren persönlichen Erfahrungen generiert. Jeder von uns hat einzigartige Lebenserfahrungen gesammelt, die unser individuelles Bild von der Welt zeichnen. Ein weiterer Teil dieser Konditionierungen wird von außen beeinflusst. Unsere Eltern, Lehrer, Freunde sowie Medien und bekannte Persönlichkeiten gestalten unser Weltverständnis und leiten dadurch unsere Denkmuster. Mit der Zeit werden sie zu tief verankerten Mustern und Verhaltensweisen. Sie können passiv oder aktiv durch ständige Wiederholungen und Erfahrung erworben werden. Ein prominentes Beispiel dafür ist der pawlowsche Hund. Er hat gelernt bzw. ihm wurde beigebracht, Speichel zu produzieren, sobald er das Signal für zukünftige Nahrungsaufnahme vernimmt. Diese Konditionierung entsteht durch wiederholte Verknüpfung von Signal und Belohnung. Diese Muster sind in der Regel in unserem Unterbewusstsein verankert und werden automatisch aktiviert, ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen. Wir entwickeln Gewohnheiten, reagieren reflexartig auf bestimmte Reize und handeln in vorhersehbarer Weise in spezifischen Situationen. Diese Muster durchziehen vielfältige Lebensbereiche, prägen unser Denken, lenken unsere Gefühle und beeinflussen unser Handeln. Wie reflexartiges Handeln funktioniert, sehen wir im Kampfsport. Durch die Wiederholung von Abfolgen zur Verteidigung kann ein Angriff blitzschnell abgewehrt werden. Die Handlungen werden aus dem Unterbewusstsein gesteuert und der Verteidiger muss nicht aktiv darüber nachdenken. Die Verteidigung wird präzise und sehr schnell durchgeführt.

Wir sehen daran, dass Konditionierungen nicht negativ sein müssen. Wir müssen uns nur auf ein gewünschtes Verhalten konditionieren. Um Konditionierungen aufzubauen oder zu lösen, muss man sich aber der Situation stellen und das gewünschte Verhalten ausführen und unterdrücken. Das Gehirn kann nur durch physische Reize trainiert werden. Ein Buch über das gewünschte Verhalten zu lesen, reicht nicht aus. Aus diesem Grund finden wir später in diesem Buch auch Übungen für ein stoisches Leben. Notwendige Übungen, wenn man die stoische Philosophie in sein Leben integrieren möchte. Die Leitbilder sind nicht zwingend etwas Individuelles. Wie bereits beschrieben, können sie von außen geformt und definiert werden. Und wenn sie groß genug sind, können diese Leitbilder ganze Nationen bewegen. „Der Staat“ oder „die Demokratie“ sind solche Bilder, die Millionen von Menschen bewegen und steuern können. Seit Jahrzehnten und über mehrere Generationen hinweg unterwerfen wir unser politisches Handeln dem Bild der Demokratie. „Demokratie ist die Macht des Volkes über das Volk.“ (Giovanni Sartori). Wer dieses Konzept hinterfragt, wird schnell zum Außenseiter oder sogar als staats- oder gesellschaftsfeindlich betrachtet. Mit dem gleichen Eifer wie die Demokraten folgen aber auch Gläubige ihrer Religion. Das gipfelt darin, dass das Leben anderer Menschen – „Ungläubiger“ – geopfert wird, um seine eigene Überlegenheit zur Schau zu stellen. Das Prinzip hinter der Demokratie und der Religion ist das gleiche.

Es sind Leitbilder, die große Menschenmengen vereinen und zu Handlungen bewegen können. Ob diese Handlungen gut oder schlecht sind, liegt im Auge des Betrachters. Daher sind diese Leitbilder perse nichts Schlechtes, wenn man sich ihrer Macht bewusst ist.

Was hat Geld mit unserem Leitbild zu tun? 

Diese Frage beantworte ich dir im Buch Virtus Digitalis.

Gruß Alex
Block 896952

zum Buch

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